Change Management Einführung neuer Applikationen
Im Projektgeschäft und dem klassischen Zieldreieck Kosten – Termine – Qualität wird das Thema Change-Management oft vernachlässigt und, falls es hektisch wird, komplett vergessen. Dabei ist bei der erfolgreichen Einführung einer neuen Applikation auch der Faktor Mensch zu berücksichtigen. Wir geben praxisorientierte Empfehlungen.
An einem alltäglichen Beispiel soll aufgezeigt werden, worauf man bei der Einführung einer neuen Applikation achten sollte. Nehmen wir an, wir sind die Reiseleiter einer grösseren Reisegruppe und wollen am Bahnhof Bern von Zug X in Zug Y umsteigen. Dabei wollen wir:
- Dass alle den Zug erwischen,
- Es keine Unfälle gibt,
- Die Reisegruppe die Reise geniessen kann und sich in den Zügen wohl fühlt.
Wie kann die Reiseleitung diese Ziele erreichen?
Ziele klar kommunizieren
Wohin geht die Reise? Welchen Zug nehmen wir wann und auf welchem Perron?
Je enger die Terminvorgabe ist, umso klarer muss allen das Ziel sein. Es ist ein Trugschluss, dass man erfolgreiches Change-Management nur dann durchführen kann, wenn alle bei allen Themen mitreden können. Die Führung muss sich einig sein über die Ziele und diese klar kommunizieren. Aussagen wie «Wir führen Applikation X ein, aber eigentlich wäre Applikation Y viel besser.», verunsichern und sind kontraproduktiv.
Eine gemeinsame Sprache sprechen
Der neue Zug ist vielleicht von einem anderen Bahnunternehmen. Finde ich mich darin zurecht? In welcher Sprache werden Durchsagen gemacht und wo finde ich Informationen, die ich benötige?
Neue Applikationen bringen oft eigene Fachbegriffe mit. Für Projektmitarbeitende, die sich schon längere Zeit damit beschäftigt haben, sind diese natürlich bekannt. Aber was ist mit den Usern? Häufig getrauen sich diese nicht, Grundlage nachzufragen, um sich nicht zu «blamieren». Damit kein babylonisches Sprachgewirr entsteht, empfiehlt es sich:
- In Workshops Begriffsdefinition zu thematisieren und daraus,
- ein Glossar zu erstellen und dieses regelmässig zu aktualisieren.
Das Glossar wird allen Involvierten zur Verfügung gestellt und ist leicht zu finden.
Lebendig kommunizieren
Hat die Reiseleitung während des Umsteigens den Kontakt zur Gruppe? Wie tauschen wir uns aus, wie stellen wir sicher, dass alle eine neue wichtige Information erhalten?
Kommunikation ist bekanntlich ein Zweiwege-Prozess: Sender einer Information und Empfänger treten in einen Austausch, die Rollen wechseln permanent. Entsprechend sollte man im Projekt die Verbindung zu den betroffenen Mitarbeitenden aufrechterhalten und immer wieder in einen Dialog treten. Dieser muss nicht immer institutionalisiert sein, er kann auch informell erfolgen, in der Kaffeepause oder bei einer spontanen Begegnung. Gute Kommunikation hält das Interesse am Köcheln, ist adressatengerecht und klar.
Keine Massnahme ohne Diagnose
Der Zug fährt auf einem anderen Gleis, die Bahngesellschaft streikt, oder die Tickets wurden falsch ausgestellt! Was tun wir jetzt?
In der Medizin gilt: «Jede Therapie ist nur so gut wie die ihr zugrundeliegende Diagnose». Das Gleiche gilt auch in Veränderungsprozessen. Kopflos losrennen, die nächstbeste Lösung ergreifen, ohne sich einen Moment der Analyse und Besinnung zu gönnen, verbraucht unnötig (Human-)Ressourcen und ist selten zielführend. Ausserdem ist es nicht vertrauensbildend. Es ist wichtig, das IST zu kennen und zu wissen, wo der Schuh drückt.
Die Betroffenen beteiligen
Hat jemand Lust auf einen Coffee-to-go? Wer kennt sich aus mit der Anzeigetafel im Bahnhof? Weiss jemand, wo der nächste Kiosk ist?
Es ist eine Binsenwahrheit: Mitgestaltung wirkt sich positiv aus auf die Motivation, die Resilienz sowie die Bereitschaft, Veränderungen mitzutragen.
Nach der Reise: Veränderungen müssen verkraftbar sein
Wir sind angekommen. Nun richtet euch mal ein und am Abend geht es weiter mit dem Programm.
Wir alle kennen das. Wir sind am Zielort angekommen und freuen uns auf das Sightseeing. Aber eigentlich ist unser Bewusstsein schon bis oben voll mit den Eindrücken der Reise. Natürlich ist das von Mensch zu Mensch verschieden.
Dennoch braucht man in der Regel bei neuen Arbeitsprozessen am Anfang länger, auch wenn sie eigentlich schneller ablaufen als die bisherigen. Effizienzgewinne stellen sich manchmal erst mit der Zeit ein und nicht sofort.
Je grösser Veränderungen sind, umso stärker muss in der Einführungsphase darauf geachtet werden, die Veränderungen in verkraftbaren Dosierungen zu etablieren. Dabei sollte man als Führungskraft situativ eingreifen können: bei Bedarf das Tempo anpassen, Abläufe oder Arbeitsschritte, die sich nicht bewähren, entstören, am besten mit der Beteiligung der Mitarbeiter.
Fazit
Der folgende Satz wurde schon oft geschrieben oder gesagt:
«Veränderung ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel.»
Keine Neuigkeit also. Auch die im Beitrag beschriebenen Massnahmen sind weder bahnbrechend noch patentierbar.
Change-Management baut darauf auf, dass man den Wandel aktiv gestalten will, ohne das geht es nicht. Dabei ist es selten die Angelegenheit einer einzigen Person. Es braucht das Involvement der Projektleitung, der Auftraggeber und der Stakeholder.
«Communication is key»: Es braucht akzeptierte Kommunikationskanäle für den Austausch untereinander.
Erfolgreiches Change-Management muss laufend an die aktuelle Situation angepasst werden und kann nicht stur abgearbeitet werden, sonst wäre es ein Widerspruch in sich. Das macht es einerseits herausfordernd, aber gleichzeitig auch interessant.
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Marcel Eichenberger
Consultant