Vorteile von agilem Projektmanagement im schweizerischen Public Sector

Eine Gegenüberstellung von agilem und traditionellem Projektmanagement im Public Sector der Schweiz.

Projektleitung im öffentlichen Sektor steht vor der Herausforderung, effiziente und erfolgreiche Projekte umzusetzen, die den Bedürfnissen der Bürger:innen und der Verwaltung gerecht werden. In den letzten Jahren hat sich das agile Projektmanagement als alternative Vorgehensweise zu den traditionellen, auf Wasserfall basierenden, Methoden etabliert. Dieser Fachbeitrag untersucht die Vorteile der agilen Projektmanagementmethoden im Vergleich zu den klassischen Ansätzen und betrachtet insbesondere deren Anwendung im öffentlichen Sektor in der Schweiz.

Unterschiede

Traditionelles und agiles Projektmanagement unterscheidet sich in verschiedenen Komponenten und in verschiedenen Stufen der Projektplanung und -führung. Im folgenden Abschnitt werden die Unterschiede, sortiert nach Thematiken, zwischen den Methoden aufgezeigt.

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Finanzielle Planung

Im traditionellen Projektmanagement werden Kosten geschätzt und geplant, können aber im Verlauf vom Projekt abweichen und angepasst werden. Die monetären Mittel orientieren sich also am Gesamtziel des Projektes, welches zu Beginn festgelegt und definiert wird. Im Unterschied dazu werden im agilen IT-Umfeld die Kosten zu Beginn des Projektes festgelegt. Anders als bei der traditionellen Vorgehensweise ändert sich nicht die finanzielle Planung, viel mehr aber das Gesamtergebnis des Projektes, welches sich im Verlauf des Projektdauer ändern kann, da Kundenbedürfnisse und Anforderungen ausfindig gemacht werden müssen und sich im Projektverlauf ändern können. Während dies ein agiles Projekt hinsichtlich der Finanzen weniger anpassungsfähig macht, räumt es hinsichtlich des Ergebnisses viele Freiheiten ein.
ein.

2

Gesamtergebnis des Projektes

Wie bereits in 1 erwähnt, ergeben sich Unterschiede in der Planung von Gesamtergebnissen eines Projektes. Während traditionelle Projekte mit einem fest definierten Projektziel arbeiten, ist ein agiles Projekt eine optimale Lösung wenn sich dieses Ziel, z.B. aufgrund agiler und schnell wechselnder Bedingungen, während der Projektlaufzeit wieder ändern kann. Diese Möglichkeit zur Zielanpassung setzt aber in mehreren Hinsichten eine agile Projektorganisation voraus.

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Projektorganisation

Während in traditionellen Projekten in grossen Teams gearbeitet werden kann, sind agile Projekte auf kleinere Teamgrössen angewiesen, welche je nach Methode selbstorganisiert agieren und flexibel zusammenarbeiten können. Dadurch verändert sich auch die Zuteilung von Aufgaben. Während bei traditionell organisierten Projekten die Aufgaben häufig von oben nach unten vorgegeben werden, müssen in agilen Teams Aufgaben selbständig übernommen werden. Nebst der Aufgabenzuteilung unterscheiden sich die Methoden auch in der Form der Kommunikation. Agil geführte Projekte
verfügen über viel informelle Kommunikaiton, beispielsweise in Form von Stand-Up Meetings. Im klassischen Projektmanagement wird mit klar strukturierten und geführten Meetings und Kommunikation über formelle Dokumente gearbeitet. Zu bekannten agilen Projektführungsmethoden gehören beispielsweise Scrum oder Kanban.

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Ergebnisse

Die Differenzen zwischen den beiden Methoden lassen sich auch an den Zwischenergebnissen in den verschiedenen Projektphasen aufzeigen. In traditionellen Methoden (wie z.B. HERMES 5.1) finden sich Zwischenergebnisse in Form von zu erreichenden Meilensteinen, wo gewisse Tätigkeiten erledigt
sein müssen. Die Meilensteine in agilen Projekten bilden konkrete Teillösungen, die nach Feedback und Abschluss bereits im Alltag eingesetzt werden können. Die Meilensteine von traditionellen Methoden definieren keinen Anspruch an funktionierende und einsetzbare Teillösungen. Regelmässige Feedbackschlaufen fördern eine frühzeitige Fehlererkennung vor Abschluss der Meilensteine.

Anwendung im öffentlichen Sektor der Schweiz

Die Anwendung agiler Methoden im öffentlichen Organisationsumfeld erfordert besondere Berücksichtigung der gesetzlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen der Schweiz sowie der spezifischen Bedürfnisse der Bürger:innen und der Verwaltung. Die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit agiler Methoden ermöglichen es, auf diese Herausforderungen einzugehen und gleichzeitig die Vorteile der Agilität nutzen. Es ist zu beachten, dass nicht alle Projekte im öffentlichen Sektor der Schweiz gleichermassen für den agilen Einsatz geeignet sind. Projekte mit klaren Anforderungen, begrenzten Veränderungen und festen Budgets können möglicherweise nach wie vor besser mit traditionellen Projektführungsmethoden umgesetzt werden. Eine sorgfältige Bewertung der Projekte und eine Abwägung der Vor- und Nachteile sind entscheidend für den Projekterfolg. Die eher traditionell geprägten Werte im Projektumfeld in öffentlichen Organisationen müssen zur gewinnbringenden Anwendung der Agilität teilweise noch stärker aufgebrochen werden. Speziell fest etablierte Silo-Konstrukte in der Organisation müssen durchlässiger ausgestaltet werdend, und auch die Überwindung von Hierarchien und Dienstwegen ist erforderlich.

Fazit

Schlussendlich muss vor jedem Projekt die Möglichkeit und Sinn des Einsatzes der jeweiligen Methoden abgeklärt werden. Es ist wichtig zu erwähnen, dass es sich bei der Wahl einer Projektführungsmethode nicht um eine binäre Entscheidung handelt. Ein Projekt muss nicht ausschliesslich traditionell oder agil geführt werden. Es besteht auch die Möglichkeit, einen gewissen Grad von Agilität auch in traditionelle Projekte einzubringen und diese zu verbessern und zu ergänzen, beispielsweise durch die Einbindung von Kanban Boards oder anderen Tools zur Verbesserung der Zusammenarbeit in Projektteams.

Referenzen

Grillitsch, W., Sagmeister, M. (2021). Besonderheiten des agilen Projektmanagements. In: Projektmanagement in Organisationen der Sozialwirtschaft. Basiswissen Sozialwirtschaft und Sozialmanagement. Springer VS, Wiesbaden.
Hillberg, K. (2020). Agiles Projektmanagement. In: Projektmanagement im Einkauf. Springer Gabler, Wiesbaden.

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Philipp Ueltschi, Ironforge Consulting AG

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